Kuckuck

Cuculus canorus - Cuckoo - Coucou gris

Der Kuckuck im allgemeinen (Wissenswertes):

Der Kuckuck - Spezies: canorus - ist einer der ganz seltenen Vögel überhaupt und der einzige heimische Vogel, der sich dem Parasitismus verschrieben haben. Sein Verbreitungsgebiet ist der eurasische und der afrikanische Raum. Als anpassungsfähiger Vogel ist er in nahezu allen naturnahen Lebensräumen zwischen Gebirge und Küste, im Norden bis hin zur Tundra, anzutreffen. Er bevorzugt abwechslungsreiche, halboffene Kulturlandschaften, Heide- sowie Moorgebiete, liebt zudem Gewässernähe, ist aber auch in Parkanlagen und selbst in geschlossenen lichten Waldungen anzutreffen. Bei uns ist der Kuckuck Sommervogel, der hier nur im Frühjahr und Sommer anwesend ist und sich in dieser Zeit vornehmlich um seine Fortpflanzung kümmert. Er kommt gegen Ende April aus seinem Winterquartier in Südafrika, die Männchen zuerst, und verläßt uns spätestens wieder im September, wobei die Altvögel deutlich früher fortziehen.

Seine Größe, von der Schnabelspitze bis zum Ende des langen Schwanzes gemessen, wird in der einschlägigen Literatur mit einem unteren Wert von 32 und einem oberen von 36 cm angegeben, seine Spannweite mit 54 - 60 cm und sein Gewicht mit 100 - 130 Gramm.

Der schlanke, langschwänzige und spitzflügelige Vogel zeigt im Flug eine falkenartige Silhouette. Allerdings geht sein gleichmäßiger und auffällig flacher Flügelschlag kaum über den gestreckten, leicht hohlkreuzigen Rücken hinaus. Er fliegt zudem eher niedrig, wobei er den Körper häufig hin und her wendet. Seine quergebänderte Unterseite verleitet bei flüchtigem Hinsehen auch schon mal zu der "Fehldiagnose Sperber".

Den sitzenden Kuckuck kann man auf Leitungen, Masten, abgestorbenen Baumfragmenten und im Geäst von Bäumen und Sträuchern entdecken. Er sitzt dort mit meist auffallend hängenden Flügeln und einem leicht gehobenen und gefächerten Schwanz.

Das Männchen hat einen blaugrauen Kopf und ein entsprechend gefärbtes Brust- und Oberseitengefieder. Der Bauch, bis zum Kropfansatz, und der Unterschwanz sind hell mit dunkler Querbänderung, auch Sperberung genannt. Die Handschwingen sind von dunkel-graubrauner Farbe, so auch die Steuerfedern des gestuften Schwanzes, der weiße Spitzen aufweist. Iris und Lidring des Altvogels sind gelb, desgleichen Schnabelbasis, Läufe und Zehen. Der kleine Schnabel ist zudem ganz leicht nach unten gebogen.

Bei den weiblichen Vögeln gibt es neben der grauen auch eine allerdings eher seltene braune Morphe. Die graue unterscheidet sich vom Männchen i.d.R. lediglich durch eine bis zur Kehle gebänderte Brust auf hellerem Grund. Bei der braunen Morphe tritt an die Stelle des Grau eine rostrote Färbung, zudem zeigt oft das gesamten Gefieder eine Querbänderung. Von einigen namhaften Ornithologen wird eine braune Morphe auch bei Männchen nicht gänzlich ausgeschlossen.

Das Gefieder der Jungvögel variiert zwischen schiefergrau bis hin zu rostbraun. Kennzeichnend ist ein heller bis weißer Nackenfleck. Sie sind unterseits, auch auf Brust und Kehle, quergebändert. Das Obergefieder erscheint durch helle Federränder geschuppt.

In der Fortpflanzung geht der Kuckuck eigene Wege. Er kennt keine Revierbildung und auch keine feste Paarbindung, was auf den ganz gravierenden Überschuß an Männchen oder die sehr lange Eiablagephase des Weibchens (05-07) zurückzuführen sein könnte. Er baut selber kein Nest, sondern legt seine Eier, sie sind von Vogel zu Vogel sehr variabel gefärbt, in Nestern kleinerer Singvögel ab, um sie von ihnen ausbrüten und die Jungen von den Wirtsvögeln anschließend auch aufziehen zu lassen. Es sollen in Europa um die hundert solcher Wirtsvogelarten erfaßt sein.

Bei uns "beglückt" der Kuckuck vornehmlich Rohrsänger, Grasmücken, Pieper, Heckenbraunelle, Haus- und Gartenrotschwanz, Bachstelze, Rotkehlchen und Neuntöter. Er kann dabei aber die Vogelart nicht frei wählen, sondern ist ganz offenbar gewissen genetischen Zwängen unterworfen, und zwar sein Leben lang. Das jeweilige Kuckuckweibchen ist nämlich auf eine ganz bestimmte Vogelart festgelegt, deren Eier den ihren ähneln. Dies bietet die größte Chance dafür, daß der "vorbestimmte" Sing-/ Brutvogel das Kuckucksei dann auch akzeptiert; was aber allerdings keineswegs immer der Fall ist. Es soll sich hierbei übrigens um die Vogelart handeln, in deren Nest das Kuckucksweibchen geboren und aufgezogen worden ist.

Die Angaben über die Zahl der von einem Kuckuckweibchen in der Zeit von Mai bis Juli gelegten Eier reichen von 5 - 25 Stück, die über die Größe der Durchschnittsgelege von ca. 9 - 12 Eiern. Es wird pro Singvogelnest aber stets nur ein Ei gelegt, wohl um einem späteren "Geschwistermord" vorzubeugen.

Die Eiablage in das fremde Nest ist aber häufig nicht ganz einfach und erfordert vielfach beharrliches Warten darauf, daß der brütende Vogel sein Nest kurzzeitig verläßt. Es wird auch berichtet, daß man mit folgendem Trick zum Erfolg zu kommen sucht: Das Männchen fliegt Scheinangriffe gegen das betreffende Nest, damit es von dem Brutvogelpaar verfolgt wird. Das nutzt das Weibchen und legt schnell sein Ei in das kurz verlassene Nest.

Der Kuckuck schlüpft bereits nach 11 - 12 Tagen. Schlüpft er als Erster, was häufig der Fall ist, schiebt er alle noch bebrüteten Eier - im Beisein des Brutvogels - aus dem Nest. Sind schon andere vor ihm geschlüpft, drückt er auch diese, unter Zuhilfenahme seiner Flügel, mit seinem noch nackten Rücken, aus dem Nest, so daß er als Einziger im Nest bleibt. Da er ein ziemlich gefräßiger Geselle ist, der schon bald um etliches größer ist als seine Zieheltern, scheint das für seine Entwicklung allerdings auch wohl unerläßlich.

Die Nestlingszeit beträgt um die drei Wochen. In dieser Zeit sind die Gasteltern mehr als ausgelastet damit, ihren mit aufgesperrtem roten Rachen nach Futter bettelnden Schützling, der die Futtermenge einer ganzen Kleinvogelbrut benötigt, satt zu bekommen. Aber auch danach wird er von ihnen noch bis zu 14 Tagen außerhalb des Nestes gefüttert.

Während die Nahrung des Kuckucks insbesondere aus haarigen Schmetterlingsraupen, Käfern, Heuschrecken und Libellen besteht, muß er als Heranwachsender mit dem Nahrungsangebot seiner jeweiligen Ernährer vorlieb nehmen.

Der uns hinlänglich bekannte Kuckuck-Ruf ist vorwiegend zwei-, gelegenlich auch dreisilbig und wird zudem durchaus auch gereiht; er ist von April bis Juli zu hören. Bei gelegentlichen Verfolgungsjagden untereinander kann man bellende, fauchende und gurgelnde Lautäußerungen vernehmen, vom Weibchen in der Brutzeit schallende Triller.

Der Kuckuck sieht sich häufig Attacken von Kleinvögeln ausgesetzt. Ob das auf sein von ihnen sicher nicht besonders geschätztes Brutverhalten oder seine Ähnlichkeit mit einigen ungeliebten Greifvögeln zurückzuführen ist, läßt sich wohl nicht mit letzter Verläßlichkeit ergründen.

Erlebtes:

Bei einer Beobachtungstour durchs Recker Moor (NRW) am 04.07.00 bemerke ich in einer hölzernen, fensterlosen Wetterhütte ein besetztes Vogelnest. Es befindet sich auf einem Stützbalken, unmittelbar unter der Dachkonstruktion. Diagonal zum Eingang gelegen, befindet sich dieser Bereich im Halbdunkel, so daß eine Identifizierung des Vogels vom Eingansbereich aus nicht möglich ist.

Um den vermeintlichen Brutvogel nicht zu stören, gehe ich nicht weiter in die Hütte hinein. Als ich dann vor der Hütte zwei Grauschnäpper in unruhiger Emsigkeit umherfliegen sehe, die offenbar nur auf meinen Rückzug warten, um in die Hütte einfliegen zu können ist mir plötzlich klar, mit wem ich es hier zu tun habe. Ich gehe daraufhin in die Hütte hinein, um mir letzte Klarheit zu verschaffen.

Da thront er, auf einem für ihn deutlich zu klein geratenen Nest, der Kuckuck!

Mit wachen, schwarzglänzenden Augen, die Schnabelspitze schräg nach oben und zum Eingang hin gerichtet, scheint er auf die nächste Fütterung - und nicht auf mich - zu warten. Das Gefieder des Nestlings ist anthrazitfarben und erscheint durch die weißen Federränder geschuppt. Der leicht aufgestellte Schwanz zeigt deutlich die weißen Spitzen.

Als ich mich dem Nest nähere sträubt er sogleich abwehrend sein Gefieder, was ihn noch deutlich größer erscheinen läßt. Als ich die Hand nach ihm ausstrecke, zeigt er dann vollends was in ihm steckt:

Er spreizt die Flügel ab, stellt den gefächerten Schwanz auf und hackt aggressiv nach meinem ausgestreckten Finger. Sein aufgesperrter Schnabel gewährt einen guten Einblick in seinen orangeroten Rachen.

Bei meinem nächsten Besuch am 06.07. treffe ich den Kuckuck noch im Nest an, nach weiteren 4 Tagen ist er dann ausgeflogen.

Ich bin schon gespannt, ob sich das Grauschnäpperpaar im nächsten Jahr wieder von einem Kuckuck hinters Licht führen läßt. Dann sähe ich allerdings schwarz für seine eigene Fortpflanzung.

Kuckuck 2001

Die Episode fand in diesem Jahr ein jähes Ende, denn die Wetterhütte war mit einem Tor zugesperrt und verschlossen. Sie bot weder dem Grauschnäpper noch dem Kuckuck eine Einflug- und Brutmöglichkeit.