Eisvogel

Alcedo atthis - Kingfisher - Martin-Pêcheur

Der Eisvogel im allgemeinen (Wissenswertes):

Der Eisvogel, ein Kleinod unserer heimischen Vogelwelt, ist von stämmiger, gedrungener Gestalt, mit großem Kopf auf kurzem Hals, einem bis zu gut 4 cm langen dolchartigen, schwarzen Schnabel ( das Weibchen mit rötlicher Unterschnabelbasis ), kurzem Schwanz und fast winzigen korallenroten Beinen und Zehen sowie schwarzen Krallen. Jungvögel haben einen deutlich kürzeren Schnabel mit heller Spitze und graue Beine.

Seine Größe, von der Schnabelspitze bis zum Schwanzende gemessen, wird in der einschlägigen Literatur mit einem unteren Wert von 15 und einem oberen von 19,5 cm angegeben, seine Spannweite mit 24 - 26 cm und sein Gewicht mit 35 und 45 Gramm. Vom allgemeinen Erscheinungsbild her ist der Eisvogel um einiges größer als der Haussperling, aber deutlich kleiner als die Amsel.

Das schillernde Blau seines Obergefieders, einer Strukturfarbe, die durch Lichtbrechung entsteht und das blaue Licht durch die spezifische Federstruktur reflektiert und je nach Lichteinfall und Blickrichtung vielfältig variierende Blautöne erzeugt, hat dem Eisvogel, dessen weltweit an die 90 Verwandte sämtlich in tropischen Gebieten beheimatet sind, den Beinamen "Fliegender Edelstein" eingetragen.

Seine in der Regel orangebraun bis rostrot leuchtende Unterseite (Brust, Bauch, Flanken), die Unterschwanzdecken und die Flügelunterseiten sind ebenfalls orangefarben, hebt sich deutlich von den grau-grün-blauen Oberflügeln und Schwanzfedern sowie dem türkisblauen Mantel-, Rücken-,Bürzel und Oberschwanzdeckengefieder ab. Der Kopf zeigt einen ebenfalls grün-grau-blauen Scheitel, mit einer feinen hellen Sprenkelung, eine weiße Kehle und je einem orangefarbenen Wangenfleck. Es schließen sich reinweiße Federpartien an, die gelegentlich bis weit in den Nacken hineinreichen, dort aber vom >>> dunklen Federschopf des Hinterkopfes überdeckt werden. Vor den Augen befindet sich ein nur schwer auszumachender kleiner schmutzig-weißlicher Fleck mit einem zur Oberschnabelbasis hin orangenen Schimmer.

Trotz dieses farbenfrohen, ja geradezu exotischen Outfits wirkt der Vogel aber bei trübem Wetter, im Schatten und in der Dämmerung erstaunlich dunkel und wird daher leicht übersehen.

Nach dem Motto:"Wer so gut aussieht, der muß nicht auch noch gut singen können", verfügt der Eisvogel über kein großes stimmliches Repertoire. Aufmerksamkeit erregt er aber allemal durch seine rauhen, schrillen und durchdringenden Pfiffe, die häufig auch gereiht werden, so insbesondere bei Erregung, wie z .B. beim Auftauchen von Rivalen in seinem Revier.

Der Eisvogel ist in West- und Mitteleuropa heimisch, ist hier Brutvogel und ganzjährig anzutreffen. Die Populationen Nord-Osteuropas sind dagegen reine Zugvögel. Sein bevorzugter Lebensraum sind kleinere bis mittlere Fließgewässer mit klarem Wasser und geringer Fließgeschwindigkeit. Je nach vorhandenem Nahrungsangebot benötigt er ein Revier zwischen knapp einem und bis zu fünf Kilometern. Es werden aber bei entpsrechendem Nahrungsbesatz durchaus auch einmal stehende Gewässer, wie Teiche und Seen, angenommen. Seine Beute sind vornehmlich kleine, schlanke Fische bis etwa 6 cm Länge, wie Elritzen und Stichlinge, zudem aber auch Kaulquappen, Wasserinsekten, Krebse und Wasserschnecken.

Seine Beutetiere, er benötigt täglich ca. 30 gr. tierische Nahrung, d. s., je nach Größe, um die 10 Fische, erlegt er vorwiegend von Sitzwarten nahe der Wasseroberfläche aus, wie überhängenden Zweigen, Geländer, Stege, am Ufer stehende oder aus dem Wasser ragende Pfähle, Pflöcke u.ä., von denen er ins Wasser hinab stößt (Stoßtauchen) und zu denen er in aller Regel mit seinem Fang zurückkehrt. Dort betäubt er ihn, indem er ihn gegen seinen Sitzast schlägt, dreht ihn dann so, daß er mit dem Kopf voran in Gänze verschlungen werden kann. Siztz er auf einer sehr niedrigen Sitzwarte, hebt er zunächst etwas nach oben ab, um den nötigen Schwung für seinen Tauchstoß zu gewinnen. Befindet sich sein anvisiertes Objekt in tieferem Wasser, beschleunigt er seinen Sturzflug durch zusätzliche Flügelschläge. Der Eisvogel stößt aber durchaus auch aus einer Rüttelphase oder dem Tiefflug heraus ins Wasser. Nicht unerwähnt bleiben soll, daß natürlich nicht jeder Tauchstoß von Erfolg gekrönt ist.

Wer nach dem Eisvogel Ausschau hält, sollte jedoch wissen, daß Sitzwarten in mehreren Metern Höhe nicht außerwöhnlich sind. Er sitzt dort häufig längere Zeit völlig regungslos. Beginnt er sich zu strecken und Kopf und Schwanz ruckartig zu bewegen, steht sein alsbaldiger Abflug bevor. Auf seine für ihn typische aufrechte Sitzhaltung sei an dieser Stelle hingewiesen.

Als extravaganter Höhlenbrüter ist der Eisvogel auf Steilufer /-wände oder entsprechende Abbruchkanten von deutlch mehr als 50 cm Höhe angewiesen, in die er eine leicht ansteigende Röhre von bis zu 1 m Tiefe gräbt, die mit einer Nisthöhle abschließt. Sind geeignete Nistmöglichkeiten in unmittelbarer Wassernähe nicht vorhanden, nimmt er auch entferntere Brutplätze an. So hat man Brutröhren auch schon in steil aufragenden, abgeflachten und entsprechend großen Wurzelballen umgestürzter Bäume gefunden. Am Graben der Brutröhre beteiligen sich übrigens beide Geschlechter; Dauer etwa eine Woche.

Der Eisvogel bringt es häufig auf 2, nicht selten sogar auf 3 Jahresbruten. Nicht ungewöhnlich sind dabei sog. Schachtelbruten, wobei die erste noch nicht ausgeflogene Brut noch gefüttert wird, während bereits wieder eine anderen Brutröhre erstellt und mit der zweiten Brut begonnen wird.

Das Gelege umfaßt 5 - 7 weiße Eier, die i.d.R. innerhalb einer Woche gelegt werden. Bei einem Eigewicht von fast 5 gr. wiegt das Gelege also annähernd so viel wie der Vogel selbst. Dies erfordert eine gewaltige Stoffwechselleistung und macht eine ergänzende Fütterung der Partnerin durch das Männchen, das sich dann auch am Brutgeschäft beteiligt, unverzichtbar.

Die Jungen schlüpfen nach einer Brutdauer von 18 - 21 Tagen. Die leeren Eierschalen werden von den Altvögeln aus dem Nest getragen und über dem Wasser fallen gelassen.

Die Küken sind zunächst nackt und blind. Sie sitzen aufrecht und aneinander geschmiegt auf ihren Läufen, sich mit dem Hinterteil am Boden abstützend. Die Augen öffnen sich erst nach einer Woche. Die ersten Federkiele stoßen nach 10 Tagen durch die Haut. Die Federscheiden öffnen sich, anders als bei den meisten Vögeln, dann aber erst wenige Tage vor dem Ausfliegen.

Beide Partner teilen sich in die Jungenaufzucht (Hudern, Füttern). Die zu verfütternden Fische werden dabei bereits außerhalb der Brutröhre so im Schnabel ausgerichtet, daß sie kopfvoraus und damit verzehrgerecht für die Nestlinge in die Brutröhre eingebracht werden können. In der Brutmulde herrscht bei der Fütterung "Kreisverkehr", so daß jedes der Reihe nach vor dem Röhrengang zu Sitzen kommt und so seinen Fisch erhält. Der tägliche Bedarf pro Schnabel liegt bei mindestens 6 Fischchen.

Die zunächst nicht ausgepolsterte Brutmulde erhält mit der Zeit einen Belag aus Gräten und Schuppen. Sie stammen aus den schon bei leichter Berührung zerfallenden Speiballen der Vögel.

Die Eisvogelnestlinge sind im übrigen aber durchaus reinlich und halten ihre "Wohnzimmer" sauber, indem sie den flüssigen Kot mit kräftigem Strahl in den Röhrengang abgeben. Für die Altvögel ist das natürlich nicht gerade ideal, denn sie müssen bei jeder Fütterung durch diesen Schmutzkanal. Ein anschließendes Reinigungsbad ist daher meist unverzichtbar. Von ihrer Sitzwarte aus platschen die Vögel dazu ins Wasser, wobei sie allerdings nur wenig eintauchen, fliegen auf den Sitzast zurück, schütteln das Gefieder aus und wiederholen diesen Waschvorgang einige Male. Danach ordnen und durchlüften sie Ihr Gefieder und fetten es mit einem Sekret aus der Bürzeldrüse ein, um es stets wasserabweisend zu halten.

Die ausgewachsenen Nestlinge verlassen ihre "Dunkelkammer" nach 23 - 27 Tagen. Sie können bereits vom ersten Tage an selber nach Fischen tauchen, allerdings ist das anfangs doch eher mühsam und von Fehlversuchen geprägt. Sie werden daher noch wenige Tage von den Altvögeln versorgt, dann jedoch von ihnen aus dem Brutrevier vertrieben.

Als ungesellige und zänkische Einzelgänger zerstreuen sich die Jungvögel schon bald. Bis sie ein für geeignet erachtetes Revier mit Nistmöglichkeit für das kommende Jahr gefunden haben, müssen oft weite Strecken fliegen.

Der Eisvogel wird nach der sog. Roten Liste der bedrohten Vogelarten als stark gefährdet eingestuft. Er kann zwar als durchaus verbreitet angesehen werden, ist aber dennoch vielerorts bereits gänzlich verschwunden. Zu schaffen machen ihm fehlende Nistmöglich-keiten durch Uferbefestigung / -begradigung / -abflachung, Gewässerverschmutzung, Verdrahtungen, Glasfassaden und Störungen im Brutgebiet, etwa durch Angler und Wassersporttreibende. Weil ausschließlich auf lebende Nahrung aus dem Wasser angewiesen, wird er zudem in strengen Wintern stark dezimiert. Zu seinen natürlichen Feinden gehören wendige Greifvögel,wie insbes. Sperber, zudem Ratten und Wiesel.

Meine Beschreibung orientiert sich an der einschlägigen Literatur, entspr. filmischen Dokumentationen und der ein oder anderen eigenen Wahrnehmung.

Der Eisvogel im besondern (Interessantes):

Der hier abgebildete Eisvogel ist ein echtes Großstadtkind, geboren so um den 01.07.2000 in der Innenstadt von Osnabrück. Er verließ die Brutröhre am 26.Juli in der Frühe, leider aber mit einem echten Fehlstart, der ihn fast das Leben gekostet hätte.


Foto: H.-G. K.

Aber alles der Reihe nach: Im Frühjahr 99 wurden erstmals zwei Eisvögel in der Osnabrücker Innenstadt gesichtet, und zwar in dem Haseabschnitt zwischen Herrenteichbrücke und der ca. 800 m flußabwärts gelegenen Angersbrücke. Da in diesem Bereich weder Steilhänge noch adäquate Abbruchkanten vorhanden sind, kam zu jener Zeit auch kein Brutverdacht auf.

Groß war daher die Überraschung, als man eines Tages einen Eisvogel in ein altes Abflußrohr in einer senkrechten Betonwand an der Hase, in unmittelbarer Nähe zur stark befahrenen Herrenteichbrücke, hineinfliegen sah. Schon bald erkannte Peter Pietschmann, Biologe der Ursulaschule (im Folgenden: P.P.), daß hier tatsächlich ein Eisvogelpaar brütete. Daß dies auch erfolgreich war, zeigte sich dann am 11.07. d.J., als zwei ausfliegende Jungvögel beobachtet wurden.

Dieses Ereignis ist seinerzeit durch die örtliche Presse und auch von Dr. G. Kooiker im Rahmen der Vorstellung des Eisvogels in der NOZ am 14. d.M. gebührend gewürdigt worden. Gleichzeitig wurde aus aktuellem Anlaß nachdrücklich für die Erhaltung eines störungsfreien Brutgebietes in diesem Haseabschnitt geworben.

Wegen des verhältnismäßig späten Brutbeginns, wohl in Anbetracht der sich hinziehenden "Wohnungssuche" in der Innenstadt, ist es in dem Jahr zu keiner zweiten Brut gekommen.


Altvogel beim Abflug aus der Brutröhre - Foto: H. Kerkhoff

Bereits im Februar 2000 wurde das Eisvogelpaar wieder in seinem angestammten Revier gesehen. Zum Empfang hatte die Orni-AG der Ursulaschule auf dem rückwärtigen Grundstücksgelände am Haseufer aus einem Sand-Lehm-Gemisch eine künstliche Steilwand von ca. 2 x 2 m mit zwei vorbereiteten Brutröhren angelegt. Nach kurzer Inaugenscheinnahme dieses Objektes entschieden sich die Vögel aber doch wieder - aus Sicherheitserwägungen?? - für ihre letztjährige massive Brutröhre. Sie liegt unterhalb einer asphaltierten betrieblichen Parkfläche in einer knapp 3 m hohen, senkrecht abfallenden Betonwand. Lt. P.P. endet das inzwischen nicht mehr in Funktion befindliche Rohr unmittelbar hinter der ca. 40 cm dicken Mauer. Die Brutmulde befindet sich weiter hinten in mit kleinen Bruchsteinchen versetztem Sandboden, etwa 90 cm unterhalb der Parkebene.

Da die Eisvögel das Brutgeschäft auch nicht lange hinausgezögert hatten, konnten sie die erste Brut bereits am 24.Mai in die Freiheit entlassen. Laut einer Pressemitteilung in der NOZ sollen es insgesamt 5 Jungvögel gewesen sein. P.P. wurde in diesem Artikel wie folgt zitiert: "Der Auszug der Jungen aus dem alten Abwasserrohr war ein ziemliches Spektakel - erst lockten die Alten die Jungen aus dem Nest, dann gierten die wiederum lauthals nach Futter." Auch habe P.P. beobachtet, daß sich die beiden Altvögel bereits wieder verpaart hätten. Daß ihn sein fachmännischer Blick nicht getäuscht hatte, bestätigte sich definitiv durch den Ausflug der zweiten Jahresbrut; dies sollte so um den 23.Juli herum geschehen sein.


Eine gelungene Seitenansicht - Foto: H. Kerkhoff

Während man die Eisvögel im allgemeinen nur mit einigem Glück und viel Geduld zu Gesicht bekommt, konnten sie in der Zeit der Jungenaufzucht ausgiebig beobachtet werden. Mit ihrer Beute steuerten sie häufig erst eine Sitzwarte gegenüber dem Brutplatz an.

Gelegentlich wurde der zuvor gefangene Fisch auch erst hier betäubt und für die Fütterung ausgerichtet, bevor es dann stracks in die Brutröhre ging. Nach ihrem Verlassen vollführten sie dann regelmäßig bis zu 3 Bauchklatscher auf die Wasseroberfläche, wohl so eine Art Reinigungsritual in Anbetracht der vom Kot der Nestlinge stark verschmutzten Röhre, bevor sie eine Sitzwarte in Sichtnähe der Herrenteichbrücke ansteuerten. War der Sauberkeit noch nicht Genüge getan, platschten sie noch das ein oder andere mal von ihrer Sitzwarte aus ins Wasser, bevor sie mit einer sorgfältigen Gefiederpflege begannen. - Alles in allem schon recht erbauliche Momente auch im Leben eines flügellosen Zweibeiners!! -

Dann aber, am 26.Juli, ereignete sich folgendes:

Ich stand gegen 06.30 Uhr auf der Herrenteichbrücke und beobachtete, wie ein Altvogel mit einem füttergerecht ausgerichteten Fisch in die Brutröhre einflog. Er kam allerdings postwendend wieder heraus - zu meiner Verwunderung mit dem Fisch im Schnabel - und bezog Position auf einer der bekannten, schräg gegenüber befindlichen Sitzwarten. Ein zweiter Vogel kam pfeifend hinzu. Ersterer flog alsbald, den Fisch immer noch im Schnabel, davon, der andere folgte ihm einige Zeit später.

Die Altvögel auf der von mir rechten Uferseite beobachtend, hatte ich die Brutröhre gegen-über nicht im Blick. Nachdem aber beide verschwunden waren, wandte ich mich wieder nach dort und bemerkte in der Nähe der Brutröhrenbereichs eine leichte Wellenbewegung an der Wasseroberfläche, direkt an der Mauer. Ich vermutete im ersten Moment einen schnappenden Fisch, doch bei näheren Hinsehen gewahrte ich einen im Wasser zappelnden Eisvogel. Mir war sofort klar, daß es sich dabei nur um einen Jungvogel handeln konnte, was sich auch bald bestätigen sollte. Offenbar ein Nesthäkchen, das, nachdem seine Geschwister bereits an den Vortagen ausgeflogen waren, von dem Altvogel mit dem Fisch zuvor aus der Brutröhre gelockt worden war. Es hatte dann aber wohl den Abflug verpatzt und war ins Wasser gestürzt. Wegen des an diesem Tag besonders hohen Wasserspiegels, standen die diesen Flußabschnitt eingrenzenden senkrechten Mauern ein Stück weit unter Wasser; es gab also hier für ihn kein rettendes Ufer.


Untere Sitzwarte gegenüber der Brutröhre - Foto: H. Kerkhoff

Der Jungvogel kam, immer eng an der Brutröhrenmauer, ich möchte fast sagen, gegen sie paddelnd, auf die Brücke zu. Um zu vermeiden, daß er unter die, die Wasserfläche stark abdunkelnde Brücke gerät, machte ich mich auf selbiger bemerkbar. Er wendete auch prompt und paddelte ruckartig flußabwärts, rettete sich kurz auf einen aus dem Wasser ragenden Steinbrocken, konnte sich darauf aber nicht halten, kippte wieder ins Wasser und paddelte, zusehends mühsamer, weiter. Er verharrte wiederholt kurz mit auf dem Wasser ausgebreiteten Flügeln, drohte unterzugehen, paddelte weiter, bis er sich schließlich nach ca. 50 m auf angeschwämmtes Geäst unter einem alten Steg an der Grundstücksgrenze der Ursulaschule retten konnte. Dort sackte er mehr und mehr in sich zusammen, so daß ich ihn von der Brücke, trotz guter Optik, kaum noch auszumachen vermochte.

Da erschien, es war inzwischen fast 07.00 Uhr, P.P., der zu dieser Jahreszeit stets vor Schulbeginn sein Eisvogelrevier zu inspizieren pflegte. Er versuchte sogleich, den "Schiffbrüchigen" vom Schulgrundstück aus zu bergen, was leider mißlang. Der Vogel flüchtete sich wieder ins Wasser, paddelte entlang der Mauer bis in Höhe der Brutröhre, querte die an dieser Stelle ca. 15 m breite Hase bis zur gegenüberliegenden Seite / Mauer, gleich wieder retour und erneut mit letzter Kraft zur gegenüberliegenden Seite zurück. Dort konnte der völlig erschöpfte Vogel dann von P.P., wenn auch nicht gerade unter Einsatz seines Lebens, so aber doch seiner Hose, mit dem Käscher geborgen werden.Er mußte nämlich dieserhalb vom rechtsseitigen Hofgrundstück aus mehr als knietief in die Hase hinein. Er hat sich damit in besonderer Weise um den Eisvogel verdient gemacht!!

Wenngleich der keinerlei Lebenszeichen mehr von sich gab, Hals und Gliedmaßen hingen absolut schlaff herunter, nahmen wir ihn mit ins Labor der Ursulaschule, frottierten und fönten sein triefendes Gefieder und legten das weniger als 35 g schwere Leichtgewicht unters Rotlicht. Das weckte dann zu unserer großen Freude ganz allmählich seine Lebensgeister.


Foto: Marion Klinger

Da er einige Zeit später nach einem nicht ganz artgerechten Imbiß nicht zum eigen-ständigen Abflug zu bewegen war, entschlossen wir uns, ihn zunächst erst einmal etwas aufzupäppeln um dann einen erneuten Startversuch zu machen. Das sollte aber möglichst schon am nächsten Tag geschehen, weil da die Chance am größten, daß die Altvögel sich seiner noch für einige Tage annehmen würden.

Ich nahm ihn also mit nach Hause, setzte ihn, um Verletzungen auszuschließen, in einen gläseren Container und verabreichte ihm über den Tag 3 Mahlzeiten, die erste aus Seelachs- und die folgenden aus Forellen-Filet-Happen bestehend, schnabelgerecht geschnitten, versteht sich. Am anderen Morgen, dem 27. Juli, in der Frühe, gab es dann noch einmal ein Forellenfrühstück.


Foto: Marion Klinger

Da der Vogel inzwischen einen gut erholten und aufgeweckten Eindruck machte, ging es gegen 06.45 Uhr zurück an die Hase, wo wir ihn auf dem rückwärtigen Schulgrundstück aussetzen wollten.

Dort angekommen öffnete ich das Transportbehältnis, doch mein Vogel machte keine Anstalten abzufliegen. Ich nahm ihn daher heraus und setzte ihn auf die Hand, aber auch da blieb er sitzen. Dann setzte ich ihn auf einen ca. 60 cm hohen waagerechten Zweig in unmittelbarer Wassernähe.

Es geschah wieder nichts. Nach einiger Zeit entschlossen wir uns, ihn wieder in Obhut zu nehmen. Ich näherte mich ihm von vorn bis auf weniger als einen Meter, da endlich flog er auf und zu einem im Schulgarten stehenden Obstbaum hinüber, wo er auf einem Ast in mehr als 3 m Höhe eine vorbildliche Punktlandung schaffte. Unser Vogel konnte also doch fliegen und auch landen; für seinen allerersten richtigen Flug zudem garnicht einmal schlecht.

Nach fast einer halben Stunde saß er allerdings immer noch dort. In Anbetracht der schon fortgeschrittenen Zeit mußten wir ihn zunächst verlassen. Als P.P. nach einer weiteren halben Stunde zurückkam, war er verschwunden. Da später wiederholt Eisvogelpfiffe in diesem Haseabschnitt gehört und auch zwei hintereinander her fliegende Eisvögel gesehen worden waren, durften wir davon ausgehen, daß unsere Rettungsaktion den gewünschten Erfolg gebracht hatte, d.h., daß die Altvögel sich fürs erste um ihren Sproß kümmern würden.

An den folgenden Tagen konnte ich den Jungvogel, zu erkennen an dem deulich kürzeren Schnabel und den dunklen Beinen, noch wiederholt beobachten, zudem die sehr aktiven Altvögel. Danach wurde es zunächst erst einmal still im Eisvogelrevier

*********

Wer weitergehende und kompetentere Informationen zum Osnabrücker Eisvogel haben möchte, dem darf ich die Veröffentlichung

"Ungewöhnlicher Brutplatz des Eisvogels (Alcedo atthis) in der Osnabrücker Innenstadt" von Angelika Huesmann & Peter Pietschmann

empfehlen.

Fundstelle: Vogelkundliche Berichte aus Niedersachsen Bd. 32 Heft 1 / 2 der Niedersächsischen Ornithologischen Vereinigung e. V.

Eisvogel-Saison 2001

Schon am 24.02.01 wurden wieder zwei Eisvögel bei der neuerlichen Inspektion der altbewährten Brutröhre an der Herrenteichbrücke beobachtet.

Bei den in der Folgezeit registrierten vielfältigen Aktivitäten der beiden Vögel im Brutgebiet und an der Brutröhre, sowie insbes. ihrem wechselschichtigen Aus- u. Einfliegen aus der bzw. in die Röhre, drängte sich schon bald Brutverdacht auf. Doch gegen Ende März, als die Jungenfütterung spätestens hätte einsetzen müssen, tat sich nichts dergleichen an der Brutröhre. Es war also wohl nichts mit einer erfolgreichen ersten Brut 2001.

Doch Mitte April kam neue Hoffnung auf, als wieder eindeutige Brutwechsel zu beobachten waren. Am 07.05.01 konnte ich dann erstmals das Einbringen von Futter registrieren. Die Jungen mußten also geschlüpft sein. In der Folgezeit konnte ich diese Beobachtung immer wieder machen, wobei ich den Eindruck hatte, das die eingebrachten Fischlein zunehmend größer wurden. In der letzten Maiwoche erfolgte der Ausflug der Nestlinge, wobei man bei nur 2 erfaßten Jungvögeln doch wohl von einem eher mäßigen Bruterfolg sprechen muß.

Schon in der Folgewoche ließen die Aktivitäten der Altvögel im Brutbereich darauf schließen, daß sie es in diesen Jahr wohl noch einmal versuchen würden. So geschah es dann auch, wie die Beobachtungen vom August belegen. Es konnten allerdings wiederum nur zwei ausfliegende Jungvögel registriert werden.

Der Brutverlust im März und der doch eher spärliche Erfolg der folgenden Bruten, das statistische Mittel liegt bei ca. 5 Jungvögeln pro Brut, sind m.E. auf den gestiegenen "Umweltstreß" zurückzuführen, hervorgerufen durch Häufung von Veranstaltungslärm (mehrtägige Maiwochenfeten am Herrenteichswall, die "Brennende Hase",..) sowie Störungen an der Brutröhre durch angetrunkene bootsfahrende Störenfriede, die nach Sperrung des oberen Haseabschnitts jenseits der Georgstraße die Absperrattrappe flußabwärts mißachten und "Naturfreunde", die sich aus unterschiedlicher Motivation mehrfach an der Brutröhre zu schaffen machten. Die Brutreviertreue der Vögel wird so auf eine sehr harte Probe gestellt.

Ob die vielen lobenswerten Aktivitäten der Orni-AG der Ursulaschule unter Peter Pietschmann (Fischteich und Steilwand mit zwei Brutröhren auf dem Schulgelände in Hasenähe) den gewünschten Erfolg bringen werden, bleibt abzuwarten, liegen diese Nistangebote doch in unmittelbarer Nähe des Herrenteichwalls und damit dem Ausgangspunkt extremer Störungen.

Seitens der Stadt ist jedenfalls zur Sicherung eines ungestörten Eisvogelteviers in diesem Haseabschnitt wohl nichts zu erwarten. Der geplante "Eisvogel-Lehrpfad entlang der innerstädtischen Hase", der wohl das städt. Naturschutzengagement suggerieren soll, ist m.E. aber nichts als Augenwischerei und hilft dem Eisvogel in keiner Weise.

*********

Anderweitige Eisvogelbeobachtungen gelangen mir in 2001 u.a. an den Klärteichen Os., am Rubbenbruchsee, an der Nette zwischen Forellenteich und Knollmeyer, am Hasedüker bei Achmer, den Teichen im Kurpark Bad Iburg und in den Rieselfeldern Münster.
Zudem machte ich am 23.09.01 eine ganz erstaunliche Beobachtung. Ein Eisvogel erschien an einem eher kleinen Gartenteich in nächster Gebäudenähe (Am Tannenkamp), rüttelte einen Moment in ca. 1,5 m Höhe und stieß dann ins Wasser hinein. Nach dem Auftauchen verharrte er kurz am Beckenrand und verschwand dann im Nachbargarten.
Am 05.12.01 tauchte der Eisvogel wieder am selben Gartenteich auf. Er saß kurze Zeit auf einem überhängenden kahlen Ast, wurde dann leider gestört und verschwand.

Eisvogel-Saison 2002

- Erfolgreiche Eisvögel (Alcedo atthis) an der innerstädtischen Hase in Osnabrück -

Nachdem das Eisvogelpaar, das das Revier an der innerstädtischen Hase auch im Winter nur zeitweilig verließ, bereits Mitte März mit dem Brutgeschäfte begonnen hatte - zu beobachten war damals u.a. das Füttern des Weibchens durch das Männchen außerhalb der Brutröhre, zwecks notw. Zusatznahrung in der Phase der Eiablage, und später die üblichen Brutwechsel - hatten die Vögel, warum auch immer - Witterung, Störung, ...? -, diese Brut bald danach aufgegeben / abgebrochen. Aber bereits Anfang Mai begannen sie dann mit einer zweiten Brut, die nach einer Brutdauer von knapp 3 Wochen und einer Nestlingszeit von ca. 25 Tagen mit dem Ausfliegen von 6 Jungvögeln am 19.06.02 bereits als sehr erfolgreich bezeichnet werden konnte:

Schon an den beiden vorangegangenen Tagen - Beobachtungszeit jeweils ca. 06.00 - 08.00 Uhr - war eine gewiße Unruhe an der Brutröhre unverkennbar. Der in der Röhre befindliche Altvogel kam jeweils im Abstand von ca. 5 Minuten pfeifend heraus, kaum mehr als 30 cm, um dann sogleich wieder einzufliegen, der andere erschien wiederholt auf dem Stahlrohr unmittelbar neben den Einflugloch. So überraschte es auch nicht, daß am 19.06.02, gegen 06.00 Uhr, bereits 2 Jungvögel ausgeflogen waren, was für viel Stimmung im Haseabschnitt zwischen Herrenteichbrücke und Herrenteichwall sorgte.

Gegen 13.00 Uhr begann dann der offensichtlich nicht ganz freiwillige Ausflug von weiteren 4 Jungvögeln. Er vollzog sich dabei wie folgt: Ein Altvogel flog in die Brutröhre ein und erschien nach kurzer Zeit rücklings am Röhrenein-/ ausgang, einen Jungvogel am Schnabel mit sich ziehend. Um dessen letzten Widerstand zu brechen, mußte er sich dabei mit den Beinen gegen den äußeren Röhrenrand stemmen. Da der Nestling dann offenbar plötzlich nachgab, landeten beide prompt kopfüber im Wasser. Beide 'robbten' sogleich, immer noch mit den Schnäbeln verbissen, flügelschlagend bis Flußmitte. Dann hatten sie sich voneinander gelöst und flogen an das gegenüber liegende Ufer, wo sich eine ausgiebige Gefiederpflege anschloß.

Bald darauf flog der Altvogel erneut in die Brutröhre ein und zerrte, auf die gleiche Weise und im Abstand von nur wenigen Minuten, drei weitere Nestlinge ans Tageslicht. Da sich Alt- und Jungvogel jedoch jeweils rechtzeitig voneinander trennen konnten, erreichten alle ohne 'Wassertaufe' das andere Ufer. Der Altvogel flog dann noch 2x in die Röhre ein, kam aber stets wieder allein heraus. Das dies seinen Grund hatte, sollte sich noch zeigen.

Unmittelbar vor dieser doch eher ausgefallenen Hilfestellung waren beide Altvögel in die Röhre eingeflogen und kurz darauf genau in eben dieser Manier wieder herausgekommen. Man ist versucht anzunehmen, daß sie da schon einmal 'den Ernstfall' geprobt haben.

In der Folgezeit herrschte zwischen dem Gartengelände der Ursulaschule und dem Garten-/ Hofkomplex des Hauses des Handels reger Flugverkehr und ein vielstimmiges Pfeifkonzert.

Am Morgen des 20.06.02 hatten die schon wieder recht aktiven Eisvögel noch eine Überraschung parat. Um 07.02 Uhr flog ein Altvogel in die Röhre ein und kam alsbald wieder heraus, einen weiteren Jungvogel im 'Schlepptau'. Beide stürzten ins Wasser, schafften aber den sofortigen Abflug zum gegenüberliegenden Ufer.

Insges. 7 Jungvögel bedeuten einen außerordentlichen Bruterfolg und einen schönen Lohn für die vielfältigen Bemühungen und Aktivitäten der Orni-AG der Ursulaschule unter Peter Pietschmann um den Schutz des Eisvogels im allgemeinen und die Sicherung eines möglichst störungsfreien Brutreviers an der innerstädtischen Hase.

Zum Anfang des Textes

Eisvogel-Saison 2003

I. Vor Beginn der diesjährigen Saison wurde der von der Stadt Osnabrück in Kooperation mit der Ursulaschule und mit finanzieller Unterstützung von Bingo Lotto erstellte 'Naturlehrpfad >Typisch Stadt? - Der Eisvogel < ' am 12.02.03 offiziell eröffnet. Ebenfalls dazu eingeladen, jedoch nicht erschienen, waren die Eisvögel.

Stationen dieses Info-Systems zum Eisvogel sind die Herrenteichbrücke, der südliche Herrenteichwall, die Carl-Bäumer-Brücke und der Pavillon an der rückwärtigen Ursulaschule (s. TN 12.02.03).

II. Die eigentliche Eisvogelsaison begann Anfang April. An 34 Beobachtungstagen bis Mitte Juni brachte ich es dabei auf eine Beobachtungszeit von an die 60 Stunden.

Das Eisvogelpaar habe ich erstmals am 06.04. in Aktion gesehen, will sagen, wiederholtes Kontaktieren der Brutröhre, Fütterung des Weibchens durch das Männchen und Kopulation. Die letzte Kopulation erfolgte am 18.04., die letzte Fütterung des Weibchnes am 24.04., wobei das Weibchen i. d. R. durch Pfiffe aus der Brutröhre gelockt wurde. Dabei wurden ihr gelegentlich derart große Fische gereicht, daß sie sie erst nach minutenlanger 'Nachbearbeitung' zu verschlingen vermochte.

Nach einer mehrtägigen Beobachtungspause konnte ich am 21.05. die ersten 5 Fischeinträge in die Röhre verzeichnen, später waren es bis zu 12 über den Tag. Der Nachwuchs war also geschlüpft und mußte zudem auch recht zahlreich sein.

Da ich die erste Fütterung leider verpaßt hatte, galt es zur Ermittlung des Zeitpunkt des Ausfliegens der Nestlinge 'die Wissenschaft' zu bemühen: Die Einstellung der Fütterung des Weibchens (wegen des erhöten Eiweiß- u. Energiebedarfs während der Eiablage) 1 - 2 Tage nach der Vollständigkeit des Geleges unterstellt (s. Handbuch der Vögel Mitteleuropas), konnte das Brutgeschäft am 22.04. begonnen haben, was unter Hinzurechnung einer Brutdauer von 21 und einer Nestlingszeit von 27 Tagen als anzunehmendes Ausflugsdatum den 09.06.03 ergab (s.TN 06.06.03).

Tatsächlich erfolgte der Ausflug von 3 Nestlingen am 10.06. in der Frühe. Leider war ich da verhindert, so daß ich ihn diesesmal nicht miterleben konnte. Als ich gegen 11.00 Uhr an der Hase eintraf, saßen die Jungvögel bereits in den
Gehölzen an der Herrenteichwallböschung, wo sie von den Altvögeln eifrig gefüttert wurden.

An den beiden folgenden Tagen konnte ich immer wieder Einflüge der Altvögel in die Röhre beobachten, teilweise mit Nahrung. Das ließ auf weiteren Nachwuchs in der Bruthöhle schließen. Durch ein wiederholtes Ein- und Ausfliegen in kurzer Folge versuchten die Altvögel dann mehrmals, jedoch ohne Erfolg, die Nachzügler aus der Röhre zu locken.

Am Wochenende beobachtete Peter Pietschmann dann 2 weiter Jungvögel im Revier, so daß unsere Eisvögel auch in 2003 mit insgesamt 5 ausgeflogenen Nestlingen wiederum einen recht guten Bruterfolg hatten. - Zu einer zweiten Brut ist es in 2003 im Revier nicht mehr gekommen.

Zum Anfang des Textes